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   OLG Rostock, 23.02.2023 - 3 U 76/21   

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OLG Rostock, 23.02.2023 - 3 U 76/21 (https://dejure.org/2023,19923)
OLG Rostock, Entscheidung vom 23.02.2023 - 3 U 76/21 (https://dejure.org/2023,19923)
OLG Rostock, Entscheidung vom 23. Februar 2023 - 3 U 76/21 (https://dejure.org/2023,19923)
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Volltextveröffentlichungen (2)

  • Justiz Mecklenburg-Vorpommern

    Art 240 § 2 Abs 1 S 1 BGBEG, § 275 Abs 1 BGB, § 313 Abs 1 BGB, § 313 Abs 3 BGB, § 326 Abs 1 BGB
    Pandemiebedingte Anpassung eines Mietvertrags über Geschäftsräume wegen Schließungsanordnung

  • ibr-online

    Mietanpassung bei pandemiebedingter Geschäftsschließung

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Verfahrensgang

Corona: Rechtsprechungsübersichten

 
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Wird zitiert von ... (0)Neu Zitiert selbst (11)

  • BGH, 12.01.2022 - XII ZR 8/21

    Mietzahlungspflicht bei coronabedingter Geschäftsschließung

    Auszug aus OLG Rostock, 23.02.2023 - 3 U 76/21
    Die Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts ist nicht durch Artikel 240 § 2 EGBGB ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022 - XII ZR 8/21 -, juris Rn. 18).

    Weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus der Gesetzesbegründung lässt sich schließen, dass der Gesetzgeber mit Einführung des Art. 240 § 2 EGBGB die Folgen, die sich aus den umfangreichen hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie insbesondere für gewerbliche Mietverhältnisse ergeben können, abschließend regeln wollte (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 20).

    Nach seinem eindeutigen Wortlaut enthält Art. 240 § 2 Abs. 1 S. 1 EGBGB vielmehr nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters, sofern die Nichtleistung der vom Mieter geschuldeten Mietzahlung allein auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 21).

    Das Mietobjekt stand daher trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022 - XII ZR 96/21 -, juris Rn. 15; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 28, 29, 34 m.w.N.; Urteil v. 16.02.2022 - XII ZR 17/21 -, zit. n. juris, Rn. 22; OLG Hamm, Urteil v. 19.05.2022 - 18 U 43/21 -, zit. n. juris, Rn. 29).

    Die Zugangsbeeinträchtigung beruhte vielmehr alleine auf einer hoheitlichen Maßnahme, die flächendeckend für alle im gesamten Bereich des Landes Mecklenburg-Vorpommern liegenden Geschäfte angeordnet war, für die keine Ausnahmeregelung zutraf (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 35; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 23; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 29).

    Die Beklagte konnte im vorliegenden Fall auch nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie übernehmen wollte (vgl. hierzu: BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 36; OLG München, Beschluss v. 17.02.2021 - 32 U 6358/20 -, zit. n. juris Rn. 7).

    Die Klägerin hat daher auch während der Zeit der Betriebsschließung die von ihr gemäß § 535 Abs. 1 BGB geschuldete Leistung erbracht (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 18; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O. Rn. 40 m.w.N.).

    Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt jedoch nach den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 23.11.2022 (Az.: XII ZR 96/21) und vom 12.01.2022 (Az.: XII ZR 8/21) grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht.

    Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 21; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 42; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 27; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 34).

    Diese Erwartung der Parteien ist dadurch schwerwiegend gestört, dass die Beklagte aufgrund der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlassenen Verordnung ihr Geschäftslokal in der Zeit vom 16.12.2020 bis einschließlich 07.03.2021 und vom 19.04.2021 bis 13.05.2021 hat schließen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2022, a.a.O., Rn. 45 m.w.N.; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 28).

    Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 49 m.w.N.).

    Dies ist hier aber nicht ersichtlich, zumal Vertragsbestimmungen, mit denen die Mietvertragsparteien die Risikoverteilung abändern wollen, grundsätzlich eng auszulegen sind (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 51).

    Es ist anzunehmen, dass redliche Mietvertragsparteien für diesen Fall das damit verbundene wirtschaftliche Risiko nicht einseitig zu Lasten des Mieters geregelt, sondern in dem Vertrag für diesen Fall eine Möglichkeit zur Mietanpassung vorgesehen hätten (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 52; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 28; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 37).

    Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 21; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 53; Beschluss v. 03.12.2014 - XII ZB 181/13 -, juris Rn. 19 m.w.N; Urteil v. 01.02.2012 - VIII ZR 307/10 -, juris Rn. 30 m.w.N).

    Deshalb kommt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ihm ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miethöhe unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 21; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O; Rn. 53; Urteil v. 11.12.2019 - VIII ZR 234/18 -, juris Rn. 20 ff.).

    Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 54; Urteil v. 21.09.2005 - XII ZR 66/03 -, zit. n.juris Rn. 30; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 39).

    Beruht die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters jedoch auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung für einen gewissen Zeitraum, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 55 m.w.N; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 30; OLG München, a.a.O., Rn. 25).

    Sie sind vielmehr Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die keine der beiden Mietvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 55; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 40).

    Deshalb kommt eine Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 57 m.w.N.; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 32; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 41; OLG München, a.a.O., Rn. 37).

    Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 22; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., 58; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 33; Streyl NZM 2020, 817, 825).

    Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 22; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 58; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 42).

    Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage aber nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemiebedingten Nachteile erlangt hat (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 24; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 59; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 34 OLG Hamm, a.a.O., Rn. 43).

    Auch Leistungen einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters können zu berücksichtigen sein (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 59 m.w.N.), ebenso, ob und in welchem Umfang der Mieter in der Zeit der Nutzungsbeschränkung Aufwendungen erspart hat (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 24).

    Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist dagegen nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 59 m.w.N.).

    Schließlich sind bei der gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 60; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 35; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 45).

    Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 25; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 61; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 36; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 46).

    Entgegen der Auffassung der Beklagten sind nämlich unter dem Gesichtspunkt, dass eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage nicht zu einer Überkompensation der Verluste führen darf (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 24; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 59) u.a. auch Nachholeffekte mit zu berücksichtigen (vgl. OLG Hamm, a.a.O., Rn. 48).

  • BGH, 23.11.2022 - XII ZR 96/21

    Coronabedingte Schließung: Wie erfolgt Vertragsanpassung bei Gewerberaummiete?

    Auszug aus OLG Rostock, 23.02.2023 - 3 U 76/21
    Das Mietobjekt stand daher trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022 - XII ZR 96/21 -, juris Rn. 15; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 28, 29, 34 m.w.N.; Urteil v. 16.02.2022 - XII ZR 17/21 -, zit. n. juris, Rn. 22; OLG Hamm, Urteil v. 19.05.2022 - 18 U 43/21 -, zit. n. juris, Rn. 29).

    Für öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen, Verbote oder Gebrauchshindernisse, die sich aus betriebsbezogenen Umständen ergeben oder in der Person des Mieters ihre Ursachen haben, hat der Vermieter nämlich ohne anderslautende Vereinbarung nicht einzustehen (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 17; Urteil v. 12.01.2022, a.a.o., Rn. 36; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 29).

    Die Klägerin hat daher auch während der Zeit der Betriebsschließung die von ihr gemäß § 535 Abs. 1 BGB geschuldete Leistung erbracht (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 18; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O. Rn. 40 m.w.N.).

    Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt jedoch nach den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 23.11.2022 (Az.: XII ZR 96/21) und vom 12.01.2022 (Az.: XII ZR 8/21) grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht.

    Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 21; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 42; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 27; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 34).

    Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 21; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 53; Beschluss v. 03.12.2014 - XII ZB 181/13 -, juris Rn. 19 m.w.N; Urteil v. 01.02.2012 - VIII ZR 307/10 -, juris Rn. 30 m.w.N).

    Deshalb kommt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ihm ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miethöhe unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 21; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O; Rn. 53; Urteil v. 11.12.2019 - VIII ZR 234/18 -, juris Rn. 20 ff.).

    Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 22; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., 58; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 33; Streyl NZM 2020, 817, 825).

    Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 22; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 58; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 42).

    Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage aber nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemiebedingten Nachteile erlangt hat (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 24; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 59; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 34 OLG Hamm, a.a.O., Rn. 43).

    Auch Leistungen einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters können zu berücksichtigen sein (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 59 m.w.N.), ebenso, ob und in welchem Umfang der Mieter in der Zeit der Nutzungsbeschränkung Aufwendungen erspart hat (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 24).

    Dabei obliegt es grundsätzlich der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 25; MünchKommBGB/Finkenauer, 8. Aufl., § 313 Rn. 135 m.w.N).

    Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 25; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 61; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 36; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 46).

    Dies reicht jedoch nicht aus, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie auf die streitbefangene Filiale und die behauptete Unzumutbarkeit am Festhalten an der vereinbarten Regelung zur Mietzinszahlung in der erforderlichen Weise beurteilen zu können (vgl. hierzu: BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 20).

    Entgegen der Auffassung der Beklagten sind nämlich unter dem Gesichtspunkt, dass eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage nicht zu einer Überkompensation der Verluste führen darf (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 24; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 59) u.a. auch Nachholeffekte mit zu berücksichtigen (vgl. OLG Hamm, a.a.O., Rn. 48).

    Hinzu kommt, dass aus den von der Beklagten vorgelegten Umsatzzahlen für sich alleine ohnehin nicht folgt, dass der Beklagten ein Festhalten an der im Mietvertrag der Parteien vereinbarten Mietzinszahlung unzumutbar ist und für sie zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt, da unklar bleibt, ob und in welchem Umfang in der betroffenen Filiale Kostenersparungen während der pandemiebedingten Betriebsbeschränkungen eingetreten sind und wie sich der behauptete Umsatzrückgang überhaupt auf das Geschäftsergebnis der Beklagten ausgewirkt hat (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 20).

  • BGH, 16.02.2022 - XII ZR 17/21

    Gewerberaummietvertrag: Anpassung des Mietzinses wegen Betriebsschließung

    Auszug aus OLG Rostock, 23.02.2023 - 3 U 76/21
    Das Mietobjekt stand daher trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022 - XII ZR 96/21 -, juris Rn. 15; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 28, 29, 34 m.w.N.; Urteil v. 16.02.2022 - XII ZR 17/21 -, zit. n. juris, Rn. 22; OLG Hamm, Urteil v. 19.05.2022 - 18 U 43/21 -, zit. n. juris, Rn. 29).

    Die Zugangsbeeinträchtigung beruhte vielmehr alleine auf einer hoheitlichen Maßnahme, die flächendeckend für alle im gesamten Bereich des Landes Mecklenburg-Vorpommern liegenden Geschäfte angeordnet war, für die keine Ausnahmeregelung zutraf (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 35; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 23; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 29).

    Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 21; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 42; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 27; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 34).

    Diese Erwartung der Parteien ist dadurch schwerwiegend gestört, dass die Beklagte aufgrund der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlassenen Verordnung ihr Geschäftslokal in der Zeit vom 16.12.2020 bis einschließlich 07.03.2021 und vom 19.04.2021 bis 13.05.2021 hat schließen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2022, a.a.O., Rn. 45 m.w.N.; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 28).

    Es ist anzunehmen, dass redliche Mietvertragsparteien für diesen Fall das damit verbundene wirtschaftliche Risiko nicht einseitig zu Lasten des Mieters geregelt, sondern in dem Vertrag für diesen Fall eine Möglichkeit zur Mietanpassung vorgesehen hätten (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 52; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 28; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 37).

    Beruht die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters jedoch auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung für einen gewissen Zeitraum, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 55 m.w.N; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 30; OLG München, a.a.O., Rn. 25).

    Deshalb kommt eine Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 57 m.w.N.; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 32; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 41; OLG München, a.a.O., Rn. 37).

    Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 22; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., 58; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 33; Streyl NZM 2020, 817, 825).

    Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage aber nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemiebedingten Nachteile erlangt hat (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 24; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 59; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 34 OLG Hamm, a.a.O., Rn. 43).

    Schließlich sind bei der gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 60; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 35; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 45).

    Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 25; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 61; Urteil v. 16.02.2022, a.a.O., Rn. 36; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 46).

  • BGH, 13.07.2022 - XII ZR 75/21

    Gewerberaummietrecht, Betriebsbeschränkung durch COVID-19-Pandemie

    Auszug aus OLG Rostock, 23.02.2023 - 3 U 76/21
    Vielmehr dürfte die Ursache auf die allgemeine Zurückhaltung der Kunden Ende 2021 zurückzuführen sein, die in das Verwendungsrisiko der Beklagten fiele (vgl. BGH, Urteil v. 13.07.2022 - XII ZR 75/21 -, zit. n. juris Rn. 44).

    Der Bundesgerichtshof hat schon frühzeitig deutlich gemacht, dass für die Frage, ob bei dem Mieter eines Geschäftslokals die vollständige Mietzahlung während einer pandemiebedingten Einschränkung zu einem untragbaren Ergebnis führe, eine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Situation des Mieters erforderlich sei, bei der auch die Vorteile zu berücksichtigen seien, die der betroffenen Partei aus der eingetretenen Veränderung erwachsen und insgesamt zu einer Entlastung von Kosten führen würden, wozu insbesondere verringerte Lohnkosten - etwa aufgrund gezahlten Kurzarbeitergeldes - zählen (vgl. u.a.: BGH, Urteil v. 13.07.2022 - XII ZR 75/21 -, juris Rn. 45).

  • BGH, 03.12.2014 - XII ZB 181/13

    Zur Verjährung der Rückforderung von Schwiegerelternschenkungen

    Auszug aus OLG Rostock, 23.02.2023 - 3 U 76/21
    Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 21; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 53; Beschluss v. 03.12.2014 - XII ZB 181/13 -, juris Rn. 19 m.w.N; Urteil v. 01.02.2012 - VIII ZR 307/10 -, juris Rn. 30 m.w.N).
  • BGH, 11.12.2019 - VIII ZR 234/18

    Wirksamkeit einer Mieterhöhungsvereinbarung trotz unrichtiger Angabe der

    Auszug aus OLG Rostock, 23.02.2023 - 3 U 76/21
    Deshalb kommt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ihm ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miethöhe unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 21; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O; Rn. 53; Urteil v. 11.12.2019 - VIII ZR 234/18 -, juris Rn. 20 ff.).
  • BGH, 01.02.2012 - VIII ZR 307/10

    Vertragsübernahme: Pflicht des Übernehmers zur Übernahme der Verbindlichkeiten

    Auszug aus OLG Rostock, 23.02.2023 - 3 U 76/21
    Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (vgl. BGH, Urteil v. 23.11.2022, a.a.O., Rn. 21; Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 53; Beschluss v. 03.12.2014 - XII ZB 181/13 -, juris Rn. 19 m.w.N; Urteil v. 01.02.2012 - VIII ZR 307/10 -, juris Rn. 30 m.w.N).
  • BGH, 21.09.2005 - XII ZR 66/03

    Zusicherung von Eigenschaften bei der Vermietung von Gewerbeflächen;

    Auszug aus OLG Rostock, 23.02.2023 - 3 U 76/21
    Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können (vgl. BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 54; Urteil v. 21.09.2005 - XII ZR 66/03 -, zit. n.juris Rn. 30; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 39).
  • OLG Hamm, 08.02.2023 - 30 U 92/22
    Auszug aus OLG Rostock, 23.02.2023 - 3 U 76/21
    Der Senat hat auch erwogen, zumindest bis zur Auszahlung der weiteren Überbrückungshilfen eine Stundung der streitgegenständlichen rückständigen Mieten vorzunehmen (so OLG Hamm, Urteil vom 08.02.2023 - 30 U 92/22).
  • OLG München, 17.02.2021 - 32 U 6358/20

    Coronapandemie und Gewerberaummiete: Reduzierung der Miete wegen Störung der

    Auszug aus OLG Rostock, 23.02.2023 - 3 U 76/21
    Die Beklagte konnte im vorliegenden Fall auch nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie übernehmen wollte (vgl. hierzu: BGH, Urteil v. 12.01.2022, a.a.O., Rn. 36; OLG München, Beschluss v. 17.02.2021 - 32 U 6358/20 -, zit. n. juris Rn. 7).
  • OLG Hamm, 19.05.2022 - 18 U 43/21

    Ansprüche aus einem Mietvertrag über Gewerberäume; Teilweises Erlöschen einer

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